Ausstellung beleuchtet rassistische NSU-Verbrechen

15. Oktober 2014 | Aktionen

Bis zum 25.Oktober ist sie noch im Schweinfurter Rathaus zu sehen. Die Wanderausstellung „Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen“, die das Anti-Nazi-Bündnis „Schweinfurt ist bunt“ in die Kugellagerstadt holte. Zur Ausstellungseröffnung durfte Bündnissprecher Frank Firsching die Macherin der Ausstellung Birgit Mair begrüßen.

In den Jahren 2000 bis 2007 wurden in Deutschland 10 Menschen durch Neonazis des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) ermordet. Acht Migranten türkischer Herkunft, ein Migrant mit griechischen Wurzeln und eine Polizistin. Dazu verübte die Nazibande zwei Bombenattentate in Köln, bei denen 20 Menschen teils schwerverletzt nur durch Zufall überlebten. Durch mindestens 15 Raubüberfälle in den Jahren 1998 bis 2011 erbeutete das Trio Uwe Mundlos, Uwe Bönhardt und Beate Zschäpe mehr als 600 000 Euro.

Soviel zu den nackten Fakten, die in der Ausstellung gespiegelt werden. Doch dabei bleibt die in den Jahren 2012/2013 von der Nürnberger Diplom-Sozialwirtin Birgit Mair erstellte Ausstellung nicht. Sie zeigt mehr. Die Opfer nämlich. Als Menschen, als Familienväter, illustriert mit privaten Fotos. Darauf kam es Birgit Mair an. In ihrer Rede zur Ausstellung beschrieb die Mitarbeiterin des Nürnberger „Instituts für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung e.V.“ die komplizierte Kontaktaufnahme mit den Familienangehörigen in dieser Zeit. Jahrelang verdächtigten die Ermittlungsbehörden Familienangehörige und Bekannte Täter oder Mitwisser zu sein. Die Suche nach den Mördern spielte sich ausschließlich im familiären und geschäftlichen Umfeld der Ermordeten ab: „Jahrelang ermittelten bis zu 160 Beamte mit großem Eifer im Umfeld der Mordopfer. Sie suchten die Täter in Holland, Frankreich und in der Türkei, verwanzten Autos von Opferangehörigen, hörten deren Telefonate ab und gaben sich als Journalisten aus, um die Hinterbliebenen auszuhorchen. Sie sprachen sogar mit Hellsehern und betrieben falsche Dönerbuden.“ (Auszug Begleitband S. 44).

Eindeutige Hinweise auf rassistische Motive wurden ausgeblendet. Nazis als Tatverdächtige kategorisch ausgeschlossen. Dazu schreibt Mair in der Einleitung zum Begleitband der Ausstellung: „Während Rassismus als Tatmotiv weitgehend ausgeblendet worden war, waren die Ermittlerinnen und Ermittler jahrelang wie besessen von der Vorstellung, Türken oder andere Migranten seien die Täter. Konkrete Beweise hierfür lagen zu keinem Zeitpunkt vor.“

Durch viele, in der Ausstellung aufgearbeitete, Belege kommt die Diplom-Sozialwirtin zu dem eindeutigen und niederschmetternden Befund: „Rassismus und Vorurteile prägten die polizeilichen Ermittlungen.“ Dass die zentralen Ermittlungseinheiten „Halbmond“ und „Bosporus“ hießen, die Medien die Ermordeten mit ihrem kreierten Begriff der „Döner-Morde“ entmenschlichten, veranschaulicht den gelebten Alltagsrassismus in unserer Gesellschaft, der weder vor den Behörden oder des Journalismus halt macht. Denn neun Menschen wurden von Rassisten umgebracht, weil sie türkisch aussahen. Aus keinem anderen Grund, wie Mair in ihrer Ansprache verdeutlichte und darauf hinwies, dass seit der Wiedervereinigung mehr als 180 Tote auf das Konto von rassistisch motivierter Gewalt zurückzuführen sind. Nicht nur eine Zahl, sondern Menschenleben. Und diese zeigt die Ausstellung.

Die, zur Ausstellungeröffnung gekommenen, gut 70 geladenen Gästen aus Politik und Gesellschaft, waren beeindruckt einerseits und erschüttert anderseits. Beeindruckt von der Ausstellung selbst und erschüttert von Geschehenen. Einig war man sich jedoch über die Wichtigkeit der Debatte über den Rassismus in unserem Land und dessen aufklärerischen Bekämpfung.

Für Schulklassen und Gruppen bietet „Schweinfurt ist bunt“ eine inhaltliche Begleitung der Ausstellung an, die im DGB-Büro unter 09721/ 7042-11 vereinbart werden kann. Weitere Informationen zur Ausstellung mit der Möglichkeit der Bestellung des Begleitbandes zum Preis von 5 Euro/Stück finden Sie unter www.opfer-des-nsu.de.

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