Schweinfurt: Am Sonntag, 15. April 2018 fuhren 41 Interessierte, darunter auch zahlreiche Jugendliche, auf Einladung des Bündnisses „Schweinfurt ist bunt“ mit dem Bus zu den Gedenkveranstaltungen zum Jahrestag der Selbstbefreiung des Konzentrationslagers am Ettersberg. Während der Fahrt erfolgten Informationen zu den geschichtlichen Hintergründen, den örtlichen Gegebenheiten und den Veranstaltungen des Tages.
Ein Höhepunkt war das IX. Treffen der Nachkommen der Häftlinge, organisiert von der Lagerarbeitsgemeinschaft. In deren Selbstdarstellung heißt es: „Ab Juli 1937 zwang die SS Häftlinge aus anderen Konzentrationslagern, das Lager auf dem Ettersberg bei Weimar zu errichten. Vor allem politische Gegner der Nazis, aber auch Christen, Juden, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, Homosexuelle, von den Nazis so genannte Asoziale und wegen krimineller Delikte Vorbestrafte waren völlig rechtlos Hunger, Folter, Terror und Tod ausgesetzt. Nach Kriegsbeginn wurden Menschen aus allen von der Wehrmacht besetzten Ländern in das KZ gepfercht. Ungezügelten Hass entfaltete die SS gegenüber sowjetischen Kriegsgefangenen. 27.000 Frauen und Männer mussten in zahlreichen Außenkommandos des KZ Buchenwald Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie leisten. Der Unmenschlichkeit der im Lager wütenden SS setzten politische Häftlinge organisierten antifaschistischen Widerstand entgegen. Getragen von Humanismus und Solidarität schufen sie ein illegales internationales Lagerkomitee und eine illegale internationale Militärorganisation. Sie verbreiteten Zuversicht, Lebensmut und retteten Leben. Zum Ende des Krieges bereitete das illegale Lagerkomitee die bewaffnete Selbstbefreiung der Häftlinge vor, nahm am 11. April 1945 im Rahmen einer militärischen Aktion SS-Leute fest und übergab das Lager an die US-Army. Bei einem Gedenkappell für die Toten des KZ Buchenwald auf dem Appellplatz am 19. April 1945 wurde von den Überlebenden der bis heute verbindliche Schwur von Buchenwald geleistet.“ Dessen Kernaussage „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“ zog sich durch alle Vorträge des Tages.
Anschließend war Gelegenheit, an Führungen durch das Lager teilzunehmen und das Museum zu besuchen. Während in dessen Untergeschoss vor allem Foltermethoden dargestellt werden, zeigt die Ausstellung darüber, wie es den Häftlingen gelang, trotz der widrigsten Umstände Kunst, Kultur und Gemeinschaft zu pflegen, um die Hoffnung auf ein Leben nach Kriegsende nicht zu verlieren. Erschüttert waren die Teilnehmenden vor allem von den Arrestzellen im sogenannten Bunker und den Räumlichkeiten in dem Gebäude, in dem auch das Krematorium untergebracht ist.
Bei der Gedenkveranstaltung auf dem Appellplatz, der gesäumt war von den Fahnen all der Nationen, deren Angehörige im Lager eingesperrt waren, erneuerten zwei hochbetagte ehemalige Häftlinge im Rückblick auf ihr Leben den Schwur von Buchenwald und mahnten eindringlich angesichts der gegenwärtigen Weltkrisen, faschistische Zustände nie mehr Wirklichkeit werden zu lassen.
Danach konnte man entweder an der Erinnerungstafel des in Buchenwald ermordeten Kommunisten Ernst Thälmann den Reden folgen, oder sich zum Glockenturm begeben, wo eine Kranzniederlegung stattfand und anschließend die sogenannte Straße der Nationen, die von einem eindrücklichen Denkmal überragt wird, besichtigen.
Die von den Erlebnissen Überwältigten wurden auf der Heimfahrt ermahnt, das Gehörte und Gesehene nicht zu vergessen und vor allem in ihrem Alltag weiter zu geben, wenn sie mit Rassismus und Faschismus konfrontiert sind und immer wieder zu bedenken, dass der Anfang der Vernichtung stets die Höherbewertung eines Menschenlebens gegenüber einem anderen ist. Die Aussage „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“ sollte unser aller Herzen einen.