Bilder aus Berlin, Leipzig und vielen anderen Städten machen deutlich: bei den Protesten gegen die Pandemie Maßnahmen marschieren Nazis mit. „Schweinfurt ist bunt“ ging der Frage nach, welche rechtsradikalen und rechtsextremen Szenen bei den Protesten „nur“ mit dabei sind, oder ob diese die Proteste gar organisieren und damit für ihre Zwecke instrumentalisieren. Thomas Witzgall, von der Endstation Rechts, der auf vielen Demos quer durch Deutschland dabei war, schilderte seine Eindrücke. „Es gibt verschiedene Szenen, die man dort ausmachen kann. Einige aus dem verschwörungsideologischen Bereich, zum Beispiel Anhänger der Qanon-Erzählung. Viele Impfgegner sind dabei, 5G-Kritiker und Reichsbürger oder Anhänger der „Initiative Besorgte Eltern“. Wer bei einem anderen Thema überall nur böse Mächte am Ruder vermutet, dem fällt es sicher leichter, sich auch Querdenken anzuschließen.
Thomas Witzgall berichtete, dass sich diese Szenen zusammengefunden in einer hochprofessionalisierten Bewegung haben. Es sind Ärzte, Anwälte und teils prominente Coronaleugner arbeitsteilig unterwegs. Es gibt professionelle Veranstaltungskonzepte, Bühnenaufbauten und Mobilisierungskampagnen. Es gibt Blankoformulare, um Verwaltungen mit Anfragen zu bombardieren und Klagen und Aufsichtsbeschwerden einzureichen, die im Grunde nur noch unterschrieben werden müssen. Filmteams sorgen für die richtigen Bilder, die in Teilen rechtsextreme Streamerszene pusht das über ihre YouTube-Kanäle. Geld werde mit Merchandising Produkte gemacht.
Wer dort mitlaufe, sieht die Schilder, auf denen Söder mit Hitler verglichen wird und die Bundesrepublik Deutschland mit der DDR oder Nazideutschland gleichgesetzt werde. Wer dort mitlaufe, trage mit, dass sich viele als Widerstandskämpfer mit der Bürgerrechtsbewegung in DDR gleichsetzen oder mit der Weißen Rose im III. Reich. „Wer so agiert, der verharmlost das NS-Regime und betreibt am Ende das Geschäft der Nazis. Das macht Querdenken. Und wer dabei mitläuft, legitimiert das, er erteilt dieser Bewegung quasi sein Mandat“, erklärt Thomas Witzgall.
Bei uns in der Region ist vor allem die Initiative „Eltern stehen auf“ aktiv. Beobachter der Schweinfurter Kundgebung stellten fest: „was wir gerade über Querdenken und andere Organisatoren gehört haben, stimmt mit den Schweinfurter Aktivitäten eins zu eins überein“, so Marietta Eder. Die Wortwahl sei jedoch hier vor Ort leicht verändert und damit etwas harmloser als bei Auftritten beispielsweise in Leipzig. Frank Firsching macht deutlich: die Gruppe „Eltern stehen auf“ habe die gleiche Botschaft wie Querdenken, deren Führungspersonal enge Kontakte zur bekannten Nazis pflege. Der Großteil der Teilnehmenden dieser Proteste nehme aus Ärger über die Einschränkungen teil, ohne zu wissen, wer sich da alles tummele.
Daher informierte sich der Steuerungskreis von „Schweinfurt ist bunt“ über die Proteste. Deutlich wurde auch: Hier vor Ort ist sehr gut reagiert worden. Viele klären über die Hintergründe und Zusammenhänge auf. Das ist wichtig und richtig. Besonders perfide ist es, wenn unsere Kinder instrumentalisiert werden sollen. Darin ist sich der Steuerungskreis von Schweinfurt ist bunt einig. „Wir danken alle, die aufklären und klare Kante auch gegen örtliche Akteure zeigen“, so Marietta Eder. Der Bündnissprecher Frank Firsching bitte alle: weißen sie auf die Zusammenhänge hin. Bei jeder Kundgebung, bei jedem Versuch ohne Genehmigung Flugblätter zu verteilen und auch bei Posts in WhatsApp oder Telegram Gruppen verbreitet werden.“