Dramatischer Anstieg von rassistischer und rechter Gewalt auch in Bayern
AGABY und das Netzwerk Rassismus- und Diskriminierungsfreies Bayern schließen sich dem Appell des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer, antisemitischer Gewalt (VBRG) an und fordern eine Verdoppelung des Budgets auf Bund- und Länderebene. In Bayern müssen Beratungsstellen auf- und ausgebaut und ein Handlungsprogramm gegen Rassismus und Rechtsextremismus aufgestellt werden.
Das Ausmaß rassistischer und rechterGewalt in Deutschland ist dramatisch hoch. Nachdem im Jahr 2015 bereits eine Verdoppelung rechtsmotivierter Gewalttaten festzustellen war, ist von einem weiteren Anstieg für 2016 auszugehen. Dabei handelt es sich insbesondere um rassistische Gewalttaten gegen geflüchtete Menschen und deren Unterkünfte, aber auch gegen Migrant_innen, Schwarze Menschen, People of color und Muslime.
Der starke Anstieg rechter und rassistischer Gewalt ist auch in Bayern zu verzeichnen. Im Jahr 2015 lag nach Angabe der Bayerischen Staatsregierung die Gesamtzahl der rechtsextremistischen Straftaten bei 2.239, die „politisch motivierten Straftaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund“ bei 730, was eine Steigerung in den letzten Jahren um deutlich mehr als 50% bedeutet.[1] Da nicht alle rechten und rassistischen Gewalttaten als solche erfasst oder erkannt werden, muss noch von weit höheren Zahlen ausgegangen werden.
„Die Opfer brauchen dringend professionelle Beratung in rechtlichen Fragen und psychologische Unterstützung“, unterstreicht Hamado Dipama vom Netzwerk Rassismus- und Diskriminierungsfreies Bayern.
„In Bayern existiert noch immer kein flächendeckendes Angebot an Antirassismus- und Antidiskriminierungsstellen, um diese dringend notwendige Unterstützungsarbeit leisten zu können“, erklärt Mitra Sharifi, Vorsitzende der AGABY.
Damit schließen sich das Netzwerk und die Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte Bayerns der Forderung des VBRG nach Beratungsstellen mit bedarfsdeckender Finanzierung an. Der VBRG bringt die aktuelle skandalöse Situation auf den Punkt: „Wenn der Staat es schon nicht schafft, seine Bevölkerung vor rechten und rassistischen Angriffen zu schützen, muss er wenigstens alles tun, um die Betroffenen nach einem Angriff nicht im Stich zu lassen.“[2]
„Vor dem Hintergrund einer Vielzahl von Anschlägen auf Unterkünfte für Asylsuchende, 450 nicht vollstreckten Haftbefehlen gegen rechtsextreme Straftäter, sowie die konkreten Anschlagspläne in Bamberg sollten die Parteien NPD, Der III. Weg und Die Rechte verboten werden“, fordert Hamado Dipama, Vorsitzender des Netzwerks Rassismus- und Diskriminierungsfreies Bayern.
Die aktuelle Studie des Instituts für Soziologie der LMU München kommt zu dem Ergebnis: „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist auch in Bayern ein verbreitetes Phänomen, insbesondere die Abwertung von Muslimen, Langzeitarbeitslosen, Sinti und Roma sowie Flüchtlingen.“[3] Rechtes und rassistisches Gedankengut in der Mitte der Gesellschaft muss also konsequent und langfristig bekämpft werden.
Der „Nationale Aktionsplan der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und darauf bezogene Intoleranz“ formuliert Maßnahmen, die von Gewaltprävention, Menschenrechtserziehung bis zur Sensibilisierung von Polizei- und Justizpersonal reichen. „Auf der Grundlage dieses Aktionsplans braucht es endlich ein konkretes Handlungsprogramm für Bayern. Und zwar ein Handlungsprogramm, das Rechtsextremismus und Rassismus auf allen Ebenen bekämpft, die Opferberatung bayernweit ausbaut und die engagierte Zivilgesellschaft strukturell fördert. Statt die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) wie geplant mit einem neuen Standort zu erweitern, müssen zivil-gesellschaftliche Angebote finanziell unterstützt werden“, fordert die Vorsitzende der AGABY, Mitra Sharifi.
[1] Antworten der Bayerischen Staatsregierung auf Schriftl. Anfragen von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag betreffend „Rechtsextremistische Straf- und Gewalttaten 2015″ (Antwort vom 20.02.2016) und „Gewalt gegen Asylsuchende, Geduldete, Flüchtlinge, Menschen mit Abschiebeschutz und Migrantinnen und Migranten“ (Antwort 03.03.20169:
[2] Pressemitteilung des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) vom 27.10.2016: Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt fordern deutlich mehr Budgets
[3] Werner Fröhlich, Christian Ganser, Eva Köhler: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern. Forschungsbericht des Instituts für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München, München 2016, S. 2.