Leonhard F. Seidl las aus seinem Buch „Fronten in der Kulturwerkstatt Disharmonie in Schweinfurt
Das Buch ist inspiriert von einem wahren Fall aus dem Jahr 1988. Im oberbayerischen Dorfen erschoss ein Mann aus Jugoslawien drei Polizisten, was eine Welle fremdenfeindlicher Reaktionen auslöste. Bis heute hält das Landratsamt Erding Schriftstücke über den Fall unter Verschluss.
Nach der Lesung entwickelte sich eine spannende Diskussion über Terror, Selbstjustiz, Massaker seien heute doch nichts Neues, warum ist die Wahrnehmung dennoch gänzlich anders als früher, woher kommt das Massenphänomen eines plötzlichen kollektiven Aufschreis, so ein Zuhörer.
Das Buch der Multikausalität war schnell aufgefächert: Aufwertung des eigenen Egos durch rassistische Verhaltensweisen, Annahme von Massenkompetenz in der Gruppe, wirkungsvolle Bildvergleiche („die unschuldige weiße Frau“), die Filterblase einseitiger Informationen in sozialen Medien, Extremismus aus der Mitte heraus mit Animositäten nicht nur gegen Gastarbeiter, Spätaussiedler, gegen „Andere“.
Derartiges und vieles mehr sei der ideale Nährboden für rechtsextreme Strömungen und Parteien. Leonhard Seidl resümierte mit einem Plädoyer für gewaltfreien Widerstand und friedlichen zivilen Ungehorsam.